Neunzehntes Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung (1789 bis 1914)

Автор работы: Пользователь скрыл имя, 31 Декабря 2010 в 06:30, реферат

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Die Ideen der Französischen Revolutionen drangen auch bis nach Bremen vor. Es blieb jedoch zunächst verhältnismäßig ruhig, denn anders als in Frankreich, wo sich das Bürgertum gegen Adel und Klerus erhob, beherrschte hier das gehobene Bürgertum von je her die Stadt. Wenn es Streit gab, dann zwischen den Mitgliedern der Oberschicht um die Verteilung der Macht, oder zwischen dem Rat der Stadt und den Bürgerkonventen der vier Kirchspiele der Altstadt über Staatsschulden und Steuern. Manchmal gab es auch Unruhen unter den Gesellen, etwas später unter den Soldaten, den bürgerrechtlich benachteiligten Neustädtern oder bei der Landbevölkerung, aber die waren für das Staatswesen relativ bedeutungslos. Es gab keine eigentliche revolutionäre Stimmung.

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Die Bremer Räterepublik von 1918 1919 
 
von Günter Garbrecht 
 
Die schlechte Versorgungs- und katastrophale militärische Lage erzeugten auch in Bremen eine spannungsgeladene Atmosphäre. Als dann die Revolution am 6. November 1918 ausbrach, ging es allerdings um mehr. Inzwischen hatten sich nämlich straff organisierte politische Gruppen gebildet:  
U. a. Rechts- und Linksliberale, Mehrheitssozialdemokraten (MSPD), Unabhängige Sozialisten (USPD) sowie Linksradikale (Kommunisten). Zwischen ihnen wurde gestritten um Erhaltung, Revision bzw. völliger Umgestaltung der Staats- und Wirtschaftsordnung. Die MSPD lehnte eine Revolution ab und bekannte sich zur parlamentarischen Demokratie. Sie rekrutierte ihre Anhänger insbesondere aus dem Beamtenapparat, der Polizei und dem Kleinbürgertum. Hinter ihr standen auch konservative Offiziere mit noch intakten Truppenteilen. Die USPD und die Linksradikalen strebten ein Rätesystem an und verließen sich auf die Arbeiter großer Betriebe sowie einiger Heimatdivisionen des Heeres und der Marine. Die Linksliberalen standen der MSPD nahe, während die Rechtsliberalen für unterschiedliche Gewichtung der ständischen Gruppen in den Staatsorganen plädierten.

Am Morgen des 6. Novembers forderte eine angereiste Abordnung von meuternden Matrosen aus Kiel Unterstützung von den Arbeitern der AG "Weser" in Gröpelingen bei der Befreiung von zweihundertdreißig inhaftierten Marinern aus dem Gefängnis in Oslebshausen. Auf dem Hauptbahnhof meuterten zur selben Zeit Matrosen aus Wilhelmshaven, die in ein Lager in der Lüneburger Heide transportiert werden sollten. In der Kaserne am Neustadtswall weigerten sich etwa einhundert Soldaten, in die Etappe auszurücken. Ihr Sprecher, Bernhard Ecks, nahm Kontakt mit den Marinern auf dem Hauptbahnhof auf, und es bildete sich ein Soldatenrat, der beabsichtigte, die Rechte des Militärkommandos zu übernehmen. Seine Mitglieder trugen weiße Armbinden mit dem Stempel des Garnisonskommandos. Nachmittags konzentrierte sich eine Demonstration von Arbeitern und Soldaten auf dem Marktplatz, während die Bürgerschaft in der Börse tagte. Später abends verkündete der Linkssozialist Adam Frasunkiewicz vom Balkon des Rathauses aus die geplante Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates. Er forderte die Betriebsbelegschaften und die Soldaten auf, Vertreter zu delegieren. Die Beschlüsse des Arbeiter- und Soldatenrates sollten am kommenden Tag veröffentlicht werden, alle Behörden hätten sich zu fügen. Nachdem sich die Menge verlaufen hatte, patrouillierten Soldaten auf den Straßen, denn es bestand die Gefahr von Plünderungen.

Im Gewerkschaftshaus an der Faulenstraße gründete sich ein Aktionsausschuß aus vier USPD-Mitgliedern (Alfred Henke, Adam Frasunkiewicz, Karl Herold und Emil Sommer) und drei Linksradikalen (Hans Brodmerkel, Adolf Dannat und Alfred Stockinger), die MSPD war ausgeschlossen. Der Aktionsauschuß wurde am 7. November durch Wahlen von hundertachtzig Abgeordneten aus den Großbetrieben und von Delegierten des Soldatenrates ergänzt. Der Arbeiter- und Soldatenrat etablierte sich alsdann mit zwischen 210 und 250 Mitgliedern als Legislative bzw. als Kontrollinstanz. Erfüllungsorgan sollte ein fünfzehnköpfiger Ausschuß sein, von dem die MSPD zunächst gleichfalls ausgeschlossen blieb. Als bei der Vergabe von fachbezogenen Ämtern den Linksradikalen die geeigneten Personen fehlten und der Mehrheitssozialist Karl Deichmann sich zur Revolution bekannte, revidierte man den Ausschluß und erweiterte den Aktionsausschuß auf einundzwanzig Köpfe aus Mitgliedern der Gewerkschaften und der MSPD. Als Vorstand des Aktionsausschusses wählte man als ersten Vorsitzenden Alfred Henke (USPD) und Hans Brodmerkel (Linksradikaler) als zweiten. Am 14. November verkündete Alfred Henke im Konventssaal der Börse die Übernahme der Macht in Bremen durch den Arbeiter- und Soldatenrat, Senat und Bürgerschaft seien aufgelöst. Er forderte die Beamten auf, weiter auf ihren Posten zu bleiben. Zur Überleitung würde eine Kommission aus sechs Mitgliedern des Arbeiter- und Soldatenrates und sechs Senatoren (die Bürgermeister Donandt und Hildebrand, die Senatoren Apelt, Biermann, Bömers und Spitta) eingesetzt. Die Leiter der Behörden und Verwaltungen blieben im Amt. Die Gerichte arbeiteten weiter. Steuern müßten wie bisher gezahlt werden. Die Senatoren hätten im Ausschuß von den Vorgängen in der Verwaltung zu berichten, die politischen Beschlüsse sollte der Arbeiter- und Soldatenrat fassen. Am 15. November um 11 Uhr gab Henke vom Rathausbalkon die Machtübernahme öffentlich bekannt. Eine rote Fahne wurde am Rathaus aufgezogen. Unter dem Eindruck des herrschenden Elends vertrauten viele Bremer den neuen Männern. Andere, liberalere Kräfte und das Bürgertum, blieben skeptisch und organisierten sich im "Bürgerausschuß" zunächst unter dem Vorsitz des ehemaligen Bürgerschaftspräsidenten Dr. Emil Quidde, später unter dem Reeder Adolph Vinnen, und leisteten der Revolution erheblichen Widerstand. Mit der Rückkehr des Linksradikalen Johann Knief nach Bremen kam es zu Polarisierungen und Machtkämpfen innerhalb des Arbeiter- und Soldatenrates. In den Versammlungen und Besprechungen herrschte das reine Chaos, das besonders am 29. November von Tumulten der Massen außerhalb begleitet wurde. Die emotionalisierten Teilnehmer verband der Wunsch nach politischer Veränderung, aber niemand wußte so recht, wie es denn wirklich weitergehen könnte. In dieser aufgeladenen Atmosphäre versuchte eine kleine Gruppe Radikaler, die Macht über die Arbeiterschaft und das Bürgertum zu erlangen.

Eine wesentliche Forderung der Radikalen bestand in der Bewaffnung der Arbeiter, was im gewissen Rahmen sogar durchgeführt wurde. Deshalb geriet Bremen an den Rand eines Bürgerkrieges, als am 1. Januar 1919 das zurückkehrende I. Hanseatische Infantrieregiment Nr. 75 auf dem Bahnhof in Sebaldsbrück ausgeladen wurde, von der Arbeiterschaft mißtrauisch beobachtet. Während die meisten Soldaten nach der bitteren Enttäuschung der Niederlage in tiefe Resignation verfallen waren, standen die mit bürgerlichen Kreisen in Kontakt stehenden Offiziere eindeutig gegen die Revolution und stellten entsprechende Forderungen: Wiedereinsetzung des Senats und der Bürgerschaft; Einquartierung des Regiments in die Kasernen am Neustadtswall. Verhandlungen mit Henke als dem Vertreter des Arbeiterrates sowie Ecks und Willems als Vertreter des Soldatenrates führten zu Vereinbarungen: Das Regiment respektierte die geschaffenen politischen Verhältnisse; nach Hamburger Vorbild sollten Senat und Bürgerschaft wieder eingesetzt werden, wobei der Arbeiter- und Soldatenrat ein Vetorecht erhielt. Der Arbeiter- und Soldatenrat sollte durch sechs Mitglieder des Regiments ergänzt werden; das Regiment sollte den militärischen Wachtdienst, der Arbeiter- und Soldatenrat polizeiliche Funktionen übernehmen. Die im Besitz des Arbeiter- und Soldatenrates befindlichen Waffen sollten dort verbleiben. Als Quartier waren die Kasernen am Neustadtswall vorgesehen. Die Offiziere erhofften, mit diesem Kompromiß eine Auseinandersetzung mit Waffengewalt vermeiden zu können.

Am Vormittag des 1. Januar 1919 marschierte das Regiment unter Führung von Oberstleutnant Hagedorn auf dem Marktplatz auf, begrüßt von Lambert Willems als Vertreter des Soldatenrates und von Zehntausenden. Nach Absingen des Deutschlandliedes hielten Bürgermeister Hildebrand, Oberstleutnant Hagedorn und Adolph Vinnen patriotische Ansprachen. Danach erfolgte der Abmarsch in das provisorische Quartier in der Schule an der Kornstraße in der Neustadt.

In der Zwischenzeit hatten Ecks und Willems bewaffnete Arbeiter in der Schule postiert. Knief sowie Fransunkiewicz von der USPD waren eingeweiht. Als das Regiment auf dem Schulhof angetreten war, erschienen Gewehrläufe in den Fenstern. Die Soldaten forderte man auf, die Waffen abzugeben und sich der Revolution anzuschließen. Nach Verhandlungen mit den Offizieren, u.a. Major Walter Caspari, wurde ein Kompromiß gefunden: Die Soldaten des Regiments mußten ihre Waffen abgeben, die Offiziere durften sie behalten, jedoch nicht tragen. Die Waffen wurden in einem Klassenzimmer deponiert und von Soldaten der Garnison bewacht. Der Erfolg der Radikalen wurde dann am Nachmittag mit einer Demonstration in der Innenstadt gefeiert. Eck rechtfertigte in einer Ansprache den Vertragsbruch mit dem Absingen des Deutschlandliedes beim Empfang des Regiments, obwohl die bewaffneten Arbeiter bereits vorher zur Schule an der Kornstraße geschickt worden waren. Man habe sich zur Demobilisierung entschließen müssen, weil Putschversuche lautbar geworden wären. Am 3. Januar billigten ein Vertrauensmännergremium der Garnison und der Soldatenrat die Maßnahmen, wollte jedoch die übrigen Abmachungen von Sebaldsbrück gewährleistet wissen. Als aus linkssozialistischen Kreisen gegen die Entsendung von sechs Vertretern des Regiments in den Soldatenrat protestiert wurde, verzichteten die beiden Offiziere Major Caspari und Leutnant Sies.

Durch die politischen Wirren fiel es der Wirtschaft schwer, sich von der Kriegswirtschaft auf eine Friedenswirtschaft umzustellen. Investitionen wurden nur zögerlich vorgenommen. Streiks im Ruhrgebiet führten zur Kohlenknappheit und die wiederum gefährdete die Versorgung mit Gas. Über den Weg zu einer neuen Wirtschaftsordnung stritten sich zwei Gruppierungen: Sozialisierung im Rahmen einer Diktatur des Proletariats oder eine freie Wirtschaft mit Unternehmerinitiative. Die mit der Macht ausgestatteten Linkssozialisten waren natürlich für die Sozialisierung, konnten sie aber nicht durchsetzen, weil in solchen Fällen keine Kredite mehr von den Banken für die verstaatlichten Unternehmen zu erhalten gewesen wären. Immer wieder entzündete sich Streit mit der Finanzdeputation wegen der Finanzierung von Projekten mit idiologischem Hintergrund. Für den 10. Januar wurde von den Kommunisten zu einer großen Sympathykundgebung auf dem Marktplatz aufgerufen, in deren Verlauf der Senat, die Bürgerschaft und die Deputationen für abgesetzt erklärt und die Sozialistische Republik Bremen ausgerufen wurde. Durch einen versehentlich losgegangenen Schuß wurde ein dreizehnjähriger Junge verletzt, sonst lief die Aktion ohne Blutvergießen ab.

Noch am Abend desselben Tages etablierte sich im Konventssaal der Börse der Rat der Volksbeauftragten aus neun Personen als Nachfolger des Senats: je drei Mitglieder der USPD, der Kommunisten und des Soldatenrates. Der Arbeiterrat wählte einen fünfköpfigen Vorstand, und zur Kontrolle des Rates der Volksbeauftragten setzte man einen Vollzugsrat ein. Die Volkskommissare der neun Fachbereiche unterstanden dem Rat der Volksbeauftragten und dem Vollzugsrat: Schul- und Bildungswesen, Polizei- und Gerichtswesen, Ernährungswesen, Steuer- und Finanzwesen, Volkswohlfahrt, Fabrik- und Arbeitswesen, Bau- und Wohnungswesen, Schiffahrt und Verkehrswesen, Presse und Propaganda.

Der Rat bestätigte Bremen als selbständige sozialistische Republik und traf seine Maßnahmen. Waffen mußten umgehend abgegeben werden. Die Polizeistunde legte man auf 21 Uhr fest. Waffenträger, Plünderer und Gegenrevolutionäre verfielen dem Standrecht. Über die bürgerliche Presse wurde eine Vorzensur verhängt. Als in bürgerlichen Kreisen bekannt wurde, daß Spitzen der Bourgeoisie als Geiseln gefangen gehalten und gegebenenfalls für anderenorts getötete Revolutionäre erschossen werden sollten, verließen einige besonders gefährdete Personen für einige Zeit die Stadt. Diese von den Kommunisten eingebrachte Forderung wurde jedoch auch von der Mehrheit der Linksradikalen abgelehnt.

Die meisten Beamten und Staatsangestellten blieben auf ihren Posten und unterhielten den Behördenapparat. Als beharrendes Element war dieses und die feindlich gesinnte Wirtschaft eine starke Belastung für die Revolution. Andererseits waren in die politischen Gremien Personen gewählt worden, die in ihrer Mehrzahl zwar guten Willens, aber fachlich völlig naiv waren.

Durch die Bewaffnung eines Teils der Arbeiterschaft fühlte sich die Garnison zurückgesetzt. Im Arbeiter- und Soldatenrat kam es zu derartigen Spannungen, daß die Stadt am 14. Januar 1919 an den Rand eines Bürgerkriegs geriet. Truppen der Garnison besetzten Brücken, den Bahnhof sowie den Marktplatz. Zwischen Marinesoldaten und Arbeitern kam es bei der AG "Weser" zu Schießereien mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten. Wichtige Funktionäre wurden verhaftet. In den revolutionären Gremien herrschten Machtkämpfe und Autoritätslosigkeit. Hinzu kamen die Forderungen von Berufsgruppen, deren Ansprüche früher von den Linken unterstützt worden waren und jetzt an sie herangetragen wurden. An jedem Tag wurde demonstriert.

Bremen befand sich nicht nur in einer katastrophalen Wirtschaftslage, sondern auch in einer katastrophalen Finanzlage. Am 12. Januar teilte der Direktor der Generalkasse dem Vorsitzenden des Volkskommissariats mit, daß nur noch für längsten 14 Tage Gelder zur Verfügung stünden. Die Banken lehnten in einer Besprechung am 18. Januar mangels Vertrauen in die neuen Machthaber weitere Kredite ab, solange keine gewählte bremischeVolksvertretung bestünde. In Bremen Geld zu drucken, war sinnlos, da es außerhalb der Stadt sowieso nicht akzeptiert werden würde. Unter Widerspruch der Kommunisten, die ein parlamentarisches System grundsätzlich ablehnten, rangen sich die übrigen Mitglieder der Volksbeauftragten am nächsten Tag zu Wahlen für den 9. März 1919 durch. Dies kam einer Bankrotterklärung des Rätesystems gleich.

Inzwischen drohte der revolutionäre Elan im Reich zu erlahmen und das Militär gewann mit der Niederschlagung von linksradikalen Aufständen die Oberhand. Die Bremer Räterepublik geriet zunehmend in die Isolation. Nach vorangegangenen erregten Diskussionen und Abstimmungen in den verschiedenen Ausschüssen über ein Für und Wider zu den Wahlen zur Nationalversammlung wurde in Bremen am 19. Januar 1919 dennoch gewählt, wobei die Kommunisten die Wahl boykottierten. Die Radikalen erhielten eine schwere Abfuhr. Die Mehrheitssozialisten (MSPD) siegten mit deutlichen 42%, die USPD erhielt 18,2%, die bürgerliche Deutsche Demokratische Partei (DDP) erhielt 33,5%, alle anderen Parteien blieben unter 5%.

Am 20. Januar lehnten die Banken wiederum weitere Kredite ab, falls die Finanzdeputation nicht wiederhergestellt sowie der Belagerungszustand und die Vorzensur nicht aufgehoben würden. Am Nachmittag desselben Tages fand ein kommunistischer Putsch statt. Arbeiter entnahmen unter dem Protest der Soldaten Waffen aus den Depots der Kasernen in der Neustadt und besetzten öffentliche Gebäude und Banken in der Innenstadt. Sie wollten damit einen Kredit erzwingen, was jedoch nicht gelang. Die Aktion brach zusammen. Viele linksradikale Funktionäre waren vorher nicht unterrichtet worden und so wurde wieder endlos debattiert und gestritten, ohne daß etwas dabei herausgekommen wäre. Nur der Führer des Putsches, Karl Jörn, mußte von seinen Ämtern zurücktreten. Er ging nach Wilhelmshaven und inszenierte dort am 27. Januar weitere Unruhen. Zuvor proklamierte ein kommunistisches Zentralstreikkomitee einen Generalstreik für den kommenden Tag gegen die Reichsregierung und das Bankenkapital. Bis auf wenige Störungen fand der Streik jedoch keine große Beachtung.

Am 21. Januar erklärte die kommunistische Fraktion zunächst ihren Austritt aus dem Rat der Volksbeauftragten, widerrief den Entschluß jedoch, als auch die USPD unter diesen Umständen die Verantwortung für die Regierung allein nicht mehr tragen wollte. Auch in den Kasernen am Neustadtswall herrschte Chaos. Neben den beiden vom Rat der Volksbeauftragten eingesetzten Stadtkommandanten setzte sich selbstherrlich ein weiterer ein, ohne daß darüber Klarheit getroffen wurde. Schließlich entschloß sich der Arbeiter- und Soldatenrat zur Aufhebung der Vorzensur über die Presse. Mit dieser Freiheit verstärkten sich die Proteste bürgerlicher Gruppen gegen Behinderungen ihrer Arbeit durch politische Aktionen: der Ärzte, der Richter und Staatsanwälte, der Beamten und Angestellten. Am 1. Februar nahm der Arbeiter- und Soldatenrat die Schlußfassung der Verordnung für Wahlen zu einer bremischen Volksvertretung an. Die Voraussetzung zu einer friedlichen Liquidierung der Räterepublik wäre damit grundsätzlich gegeben gewesen.

Die Reichsregierung war nicht bereit, die Entwicklung abzuwarten und beschloß auf Druck bürgerlicher Bremer Kreise, der Bremer Räterepublik ein militärisches Ende zu bereiten. Am 27. Januar wurde Oberst Wilhelm Gerstenberg mit der Durchführung einer militärischen Operation beauftragt. Am 29. Januar trafen Soldaten der Reichsregierung in Verden ein, zu denen auch eine Freiwilligentruppe aus Bremen unter der Führung des Majors Caspari stieß. Auf Proteste des Rates der Volksbeauftragten, die um Aufklärung bat, ließ sich die Reichsregierung nicht ein. In Verhandlungen in Verden in der Nacht zum 30. Januar verlangte Hauptmann Danner von den Delegierten des Rates der Volksbeauftragten die Entwaffnung der Arbeiter, was diese als nicht durchführbar ablehnten.

Trotz Intervention von Arbeiter- und Soldatenräten aus Bremerhaven, Cuxhaven, Oldenburg und Hamburg vollzog sich der Aufmarsch auf beiden Seiten von Aller und Weser. Eine Resolution vom Nachmittag des 1. Februars, wonach dem Regiment 75 die Waffen der Arbeiter übergeben werden sollten und dieses die Ruhe und Ordnung in der Stadt garantieren könnte, wurde von Unterstützungsparolen auswärtiger Arbeiter- und Soldatenräte konteragiert. Obwohl es eine Autorität der Regierung in der Stadt kaum noch gab, von einem aktionsfähigen Verteidigungsplan ganz zu schweigen, wurde in den Gremien weiter über die Abgabe der Waffen, Alternativen und Widerstand debattiert. Man debattierte immer noch, als die Division Gerstenberg am 4. Februar bereits in Bremen einzog. Inzwischen hatten sich die Unterhändler der Reichsregierung in Verden mit der MSPD längst über Maßnahmen und eine Übergangsregierung bis zu Wahlen geeinigt. Als die Verhandlungskommission der Volksdelegierten am 3. Februar mit neuen Vorschlägen nach Verden kam, mußte sie unverrichteter Dinge wieder umkehren. Die Reichsregierung Noske hatte bereits einen endgültigen Entschluß gefaßt.

Der Aufmarsch der Division erfolgte rechts der Weser auf der Linie MahndorfBorgfeld 
Blockland und links der Weser ArstenKattenturmMoordeichKirchhuchting. Der Angriff am 4. Februar begann um 10:15 Uhr. Bewaffnete Arbeitertrupps leisteten unkoordiniert von einander ineffektiven Widerstand. Bis 18:15 war in der Neustadt der Kampf beendet, um 21 Uhr schwiegen auch in der Altstadt die Waffen.

Kurz danach erschien ein Aufruf von Oberst Gerstenberg, der den Oberbefehl in der Stadt übernommen hatte, in dem den friedlichen Bürgern Schutz für Leben und Eigentum garantiert wurde. Ansammlungen wurden vorläufig untersagt. In einem zweiten Aufruf verhängte die neue provisorische Regierung unter den MSPD-Mitgliedern Karl Deichmann als Vorsitzendem, Hermann Rhein, Wilhelm Dammer, Johann Wellmann und Karl Winkelmann den Belagerungszustand über das Stadt- und Landgebiet Bremen. Auf weiteren Flugblättern wurde alle Schuld an der Misere einer kleinen radikalen Gruppe zugeschoben und alle Männer und Frauen aufgerufen, am Aufbau mitzuhelfen. Die Zeitung "Der Kommunist" wurde verboten, die MSPD nahm die "Bremer Bürger-Zeitung" zurück. Am 6. Februar traten Senatoren und Deputationsmitglieder wieder ihre alten Positionen an. Die größte Keimzelle der radikalen Arbeiterschaft, die AG "Weser", fand man verlassen. Die rote Fahne am Gebäude wurde eingezogen und in den Baracken eine Wache einquartiert.

In den Auseinandersetzungen waren 24 Soldaten der Regierungstruppen gefallen sowie 28 auf Seiten der kämpfenden Arbeiter. Daneben starben auch Unbeteiligte, nämlich 18 Männer, 5 Frauen und 6 Kinder. Viele wurden verwundet.

Einige Linksradikale verbrachte man ins Gefängnis. Von den führenden Funktionären war Knief bereits wegen einer lebensbedrohenden Krankheit vorzeitig aus dem politischen Geschehen ausgeschieden. Frasunkiewicz, Ecks und Jannack tauchten unter. Henke hatte sich am Tage vor dem Angriff zu Verhandlungen mit der Reichsregierung nach Berlin begeben, er kehrte nicht nach Bremen zurück, sondern ging als Abgeordneter der Nationalversammlung nach Weimar.

Bei den Operationen nach dem 8./9. Februar in Bremerhaven wurde die Mannschaft der Minensuchflotte, die sich auf die Seite der bewaffneten Arbeiter gestellt hatte, entwaffnet und entlassen. Zu Widerstand kam es nicht. Die aktiven Linkssozialisten wurden in Haft genommen. Waffen und Lebensmittel beschlagnahmt. Damit war auch die Räteherrschaft in Bremerhaven zu Ende.  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

der Zeit, bevor Bremen eine Stadt wurde.

Über die Anfänge der Stadt Bremen lassen sich nur Vermutungen anstellen. Wann hier, im inneren Bereich des alten Stadtgrabens, zuerst gesiedelt wurde, darüber ist nichts wirklich verbürgt. Daß aber im erweiterten Umfeld schon sehr früh Menschen gewohnt haben, davon gibt es viele Spuren. Steinzeitmenschen aus der Zeit um 150 000 v. Chr. hinterließen bei Lehringen im Kreis Verden im Skelett eines Ur-Elefanten eine 2,40 m lange Lanze aus Ebenholz. Schaber und Spitzen aus Stein wurden im Kies der Weser gefunden, Rastplätze von Menschen aus der Späteiszeit vor ca. 10-12 000 Jahren bei Wildeshausen. Großsteingräber aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. finden sich bei Osterholz-Scharmbeck, Wildeshausen, Kleinenkneten und Rekum, Urnenfelder aus der Zeit ab 1 250 bis zum 8. 
Jahrhundert v. Chr. im gesamten Küstengebiet. 1885 holte ein Bagger einen römischen Stieltopf aus der Weser, ein römischer Messingeimer fand sich 1890 in der Kleinen Weser, 1928 stieß man in der Lesum auf einen Kammhelm aus Bronze, der gleichfalls aus dieser Völkerwanderungszeit stammen dürfte.

 
Bild: Glaner Brätigam

Im zentralen Stadtgebiet Bremens aber wurde bisher nichts gefunden, was mit Sicherheit auf eine sehr frühe Besiedelung hindeuten würde.

Erst aus schriftlichen Überlieferungen der Römer wurde bekannt, daß der an der Unterweser siedelnde Stamm der germanischen Chauken oder Hauken, die auf Wurten siedelten, einige Jahre lang von Kaiser Augustus ( um die Zeitenwende) unterworfen worden war. Wo die Chauken geblieben sind, ist unbekannt. Wahrscheinlich haben sie sich mit den seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. aus Holstein vordringenden Sachsen vermischt, die hier in den nächsten Jahrhunderten die Führungsschichten bilden sollten.

Eine Siedlung, welche die Bezeichnung Stadt verträgt, gab es wahrscheinlich nicht, obwohl Historiker immer wieder Theorien darüber aufgestellt haben. Auch Sagen darüber, z. B. von der Gluckhenne, werden von Generation zu Generation weitererzählt. Eher gab es kleine Ansiedlungen zwischen dem 1. und 5. Jahrhundert, wie sie in Hemelingen, Mahndorf, Grambke und Rekum gefunden und 
ausgegraben wurden.

Die 26 km lange, sich am rechten Weserufer entlangziehende Düne eignete sich vortrefflich zur Besiedelung und für die Anlage von Verkehrswegen. Sie verbindet zwei Geestflächen miteinander. 
Im Nordwesten eine bei Lesum und im Südosten eine andere bei Achim. Selbst bei starkem 
Hochwasser lag sie weitgehend trocken und dort, wo heute das Zentrum der Stadt Bremen liegt, 
führte sie so nahe an das Ufer der Weser heran, daß eine Überquerung mittels Fähre oder einer Furt möglich gewesen sein muß.

Bild: Bremen Karte Vorgeschichte

Die Weser verlief hier in mehreren Armen, zwischen denen Inseln entstanden, die durch Furten miteinander verbunden

waren. Ein Nebenarm, die Balge, umfloß ein Gebiet, das später das Tiefer- und Martiniviertel aufnahm. Der Name Balgebrückstraße erinnert noch immer an den längst zugeschütteten Weserarm. In der Balgemündung wurde 1925 ein versilberter Spangenhelm aus der 
Völkerwanderungszeit (4.-5. Jahrhundert n. Chr.) gefunden, 1862 in der Baugrube der alten, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Börse am Markt (wo heute das Bürgerschaftsgebäude steht) Urnen, und beim Bau eben dieses Bürgerschaftsgebäudes 1963 eine Feuerstelle, in der noch ein Topf steckte. Die 
Umbauarbeiten im Dom förderten alte Scherben zu Tage. Die Datierungen all dieser Gegenstände sind jedoch unsicher und können nicht ohne weiteres mit einer sehr frühen, dauerhaften Besiedelung in Zusammenhang gebracht werden.Flurbezeichnungen sind oftmals sehr alt und geben Hinweise. Das könnte auch für den Namen Bremen gelten, obwohl es hier wiederum unterschiedliche Theorien gibt. Interessant ist eine Ableitung aus der ältesten Form Bremun, lateinisch Brema und Bremae, lokativer Dativ des Plurals Brem, was "an den Rändern" oder Singular "am Rande" bedeutet. Lag da ein Flurstück oder eventuell doch eine 
Siedlung am Rande der Düne? Heute wissen wir es noch nicht, aber vielleicht taucht noch einmal ein ernstzunehmender Beweis auf.
 
 
 
 

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